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"Bigger than America" reviewed by Andreas Kötter

1981/82 war ein gutes Jahr. Kulturpolitisch jedenfalls. Es gab noch längst kein PRO 7, kein "Ran" und keine "Arabella". Dafür hatten wir Helmut Schmidt (allerdings nicht mehr lange als Kanzler) und Willy Brandt. Und wir hatten Zitat-Pop. Nicht nur, daß damals der schönste Pop-Sommer aller Zeiten war, u. a. mit ABC und "Lexicon Of Love", mit Haircut One Hundred und Human League, deren Phil Oakey schmachtete, "Don't You Want Me Baby" (und wie wir ihn wollten), nein 1981/82 war auch das Jahr wo Pop endgültig erwachsen wurde und den Kampf mit elenden System aufnehmen wollte. Heaven 17 und die Idee von der B.E.F., der British Electric Foundation, waren der Versuch, mit Würde und Eleganz die Barrikaden zu stürmen, quasi tanzend eine Revolution anzuzetteln, mit der Disco als Parteizentrale. "Penthouse & Pavement" war ein bahnbrechendes, ein revolutionäres Album, "Fascist Groove Thang" die Hymne zum Umsturz. Wenn Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie Herrn Diedrichsen, der, damals noch in Diensten von "Sounds", von der "Schönheit des sozialistischen Bruderkusses" sprach. Jetzt, schon wieder acht Jahre nach Erscheinen des letzten Heaven 17-Albums, "Teddybear, Duke & Psycho", das seinerzeit schon antiquiert wirkte und den Salon -Bolschewiken-Charme der ersten drei Veröffentlichungen längst verloren hatte, melden sich die Herren Gregory, Marsh und Ware tatsächlich zurück. Wer nun glaubt, "Bigger Than America" wäre "Heaven 17 meets "Drum'n'Bass" oder eine ähnliche Sauerei, der wird gottlob enttäuscht. Die Platte hätte genausogut 1981 als Doppel-Album gemeinsam mit "Penthouse & Pavement veröffentlicht werden können. Wer nun schreit: "Nostalgiker, das ist antiquierter Kram", dem sei empfohlen, sich (noch) einmal "Penthouse "& Pavement zu Gemüte zu führen. Kein Armando und kein Felix Da Housecat klingt so, sagen wir, stilvoll modern-charmant wie dieses Album. Das Pop-Modell der B.E.F. hat die modernen Zeiten (und den Wegbruch des großen Klassenbruders) ohne Schaden überstanden. Darauf einen Dujardin!!!

Andreas Kötter